Nächste Phase des Wasserstoffhochlaufs: Nationaler Wasserstoffrat fordert entschlossenes Tempo von der neuen Bundesregierung

Berlin, 18.03.2025 – Wasserstoff ist kein bloßes Zukunftsprojekt mehr – er ist der Schlüssel zu einer klimaneutralen und langfristig wettbewerbsfähigen Industrie, einer resilienten Energieversorgung und einer starken europäischen Wirtschaft. Während weltweit massive Investitionen in den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft fließen, droht Deutschland ins Hintertreffen zu geraten. Verzögerte Genehmigungen, regulatorische Unsicherheiten, hohe Produktionskosten, verbesserungswürdige grenzüberschreitende Kooperationen und unzureichende Finanzierungsinstrumente bremsen den Markthochlauf. Die neue Bundesregierung steht vor einer klaren Aufgabe: Sie sollte jetzt entschlossen handeln, um die Weichen für eine führende Wasserstoffwirtschaft zu stellen.
„Wasserstoff ist das Rückgrat einer wettbewerbsfähigen und sicheren Energiezukunft. Wer in Wasserstoff investiert, investiert in Klimaneutralität, Wohlstand, Innovation und Energiesouveränität. Während andere Länder entschlossen vorangehen, darf Deutschland nicht ins Zögern geraten. Es braucht politische Klarheit, investitionsfreundliche Rahmenbedingungen und vor allem Tempo in der Umsetzung. Wer jetzt gestaltet, führt – wer wartet, verliert. Deutschland hat noch immer das Potenzial, vorne mitzuspielen. Diese Chance sollten wir nicht verstreichen lassen“, betonte Katherina Reiche, Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrats (NWR).
Damit der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft gelingt, sollten zentrale Rahmenbedingungen geschaffen und bestehende Hemmnisse beseitigt werden. Es gilt, Marktvoraussetzungen weiterzuentwickeln, die Marktinitialisierung aktiv zu unterstützen und Innovationen gezielt zu fördern. Besonders entscheidend sind dabei wettbewerbsfähige Kostenstrukturen und eine nachhaltige, kaufkräftige Nachfrage.
Ein starker europäischer Ansatz ist essenziell, um Synergien zu nutzen und die wirtschaftliche Skalierung der Wasserstofftechnologien zu beschleunigen. Koordinierte regulatorische Erleichterungen, strategische Investitionen und der gezielte Ausbau von Infrastruktur, Fachkräftequalifizierung und Wissenstransfer sind dabei unverzichtbar. Der NWR sieht insbesondere Handlungsbedarf bei der Beschleunigung von Planungsprozessen, der pragmatischen Ausgestaltung von Zertifizierungsanforderungen für CO₂-armen Wasserstoff sowie der Umsetzung des Clean Industrial Deals und der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie im Verkehrssektor.
 
Was jetzt passieren sollte – ein Überblick:

  • Genehmigungsprozesse beschleunigen – Der Markthochlauf wird durch langwierige Genehmigungsverfahren und regulatorische Unsicherheiten ausgebremst. Ein umfassendes Wasserstoffbeschleunigungsgesetz sollte zügig verabschiedet werden, das klare Fristen setzt und Planungsprozesse für Wasserstoffprojekte auf allen Ebenen erleichtert. Dies sollte die gesamte Wertschöpfungskette von Produktion über Transport bis hin zu Anwendung umfassen.
  • Marktzugang erleichtern – Die Zertifizierung von CO₂-armem und grünen Wasserstoff ist bislang zu bürokratisch und praxisfern. Eine pragmatische, investitionsfreundliche Gestaltung dieser Vorgaben ist entscheidend, um einen fairen Wettbewerb sicherzustellen und Deutschland als attraktiven Standort für Wasserstoffproduktion und -nutzung zu positionieren.
  • Wirtschaftliche Anreize setzen – Ohne eine stabile Nachfrage wird sich der Markt nicht entwickeln. Der Clean Industrial Deal muss konsequent umgesetzt werden, um langfristige Abnahmeverträge und Investitionssicherheit zu gewährleisten. Zudem sollten steuerliche Anreize und gezielte Förderprogramme Unternehmen ermutigen, frühzeitig in Wasserstofftechnologien zu investieren.
  • Europäische Kooperation intensivieren – Der Wasserstoffhochlauf kann nur im Schulterschluss mit europäischen Partnern gelingen. Deutschland sollte eine führende Rolle in der Harmonisierung regulatorischer Vorgaben einnehmen, um den grenzüberschreitenden Handel mit Wasserstoff zu erleichtern. Der gemeinsame Aktionsplan mit Belgien und den Niederlanden ist ein wichtiger erster Schritt, dem weitere konkrete Maßnahmen folgen müssen.
  • Infrastruktur gezielt ausbauen – Der Aufbau eines leistungsfähigen Wasserstoffnetzes, ausreichender Speicherkapazitäten und strategischer Importpartnerschaften ist entscheidend für die Versorgungssicherheit. Das geplante europäische Wasserstoff-Backbone und der Ausbau von Importhäfen für Wasserstoffderivate müssen mit nationalen Maßnahmen synchronisiert werden.
  • Rahmen für den Verkehrssektor modernisieren – Der Verkehrssektor bietet großes Potenzial für Wasserstoffnutzung, insbesondere im Schwerlastverkehr und in der Schifffahrt. Die Umsetzung der RED III muss klare Quoten für erneuerbare Energieträger definieren, während der Ausbau der Wasserstofftankstellen-Infrastruktur forciert wird. Nur so kann Wasserstoff als Alternative zu fossilen Brennstoffen konkurrenzfähig werden.
  • Innovationen entschlossen stärken – Deutschland hat die Chance, Technologieführer im Wasserstoffsektor zu bleiben. Dafür braucht es gezielte Forschung, Entwicklung und Skalierung von Elektrolyseuren sowie wasserstoffbasierten Anwendungen. Der Fokus sollte auf industrieller Serienproduktion liegen, um Kosten zu senken und internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Der Nationale Wasserstoffrat fordert die künftige Bundesregierung auf, diese Maßnahmen umgehend in die Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Der NWR steht als beratendes Gremium bereit, um den Hochlauf gezielt zu begleiten und mit seiner Expertise zu unterstützen.

Als Orientierung für die nächsten Schritte verweist der NWR zudem auf seine umfassenden Stellungnahmen sowie den gemeinsamen Aktionsplan mit den Wasserstoffräten von Belgien und den Niederlanden. 

WASSERSTOFFHOCHLAUF STÄRKEN (PDF, 114 KB)

Der Nationale Wasserstoffrat

Mit der Verabschiedung der Nationalen Wasserstoffstrategie hat die Bundesregierung am 10. Juni 2020 den Nationalen Wasserstoffrat berufen. Der Rat besteht aus 26 hochrangigen Expertinnen und Experten der Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die nicht Teil der öffentlichen Verwaltung sind. Die Mitglieder des Wasserstoffrats verfügen über Expertise in den Bereichen Erzeugung, Forschung und Innovation, Dekarbonisierung von Industrie, Verkehr und Gebäude/Wärme, Infrastruktur, internationale Partnerschaften sowie Klima und Nachhaltigkeit. Der Nationale Wasserstoffrat wird geleitet durch Katherina Reiche, Vorstandsvorsitzende der Westenergie AG und Parlamentarische Staatssekretärin a. D.

Aufgabe des Nationalen Wasserstoffrats ist es, den Staatssekretärsausschuss für Wasserstoff durch Vorschläge und Handlungsempfehlungen bei der Umsetzung und Weiterentwicklung der Wasserstoffstrategie zu beraten und zu unterstützen.

Alle Veröffentlichungen des NWR stehen hier als Download bereit.