NWR-Medieninformation: EU-Gasmarktpaket unzureichend für Wasserstoff-Hochlauf

Der Nationale Wasserstoffrat (NWR) hat sich in seiner Sitzung am 4. Februar 2022 zum „Legislativpaket zu Wasserstoff und Gasmarktdekarbonisierung“ der Europäischen Union positioniert. Das Gasmarktpaket ist als zweiter Teil des „Fit for 55“-Paketes im Dezember veröffentlicht worden. Es soll den europarechtlichen Rahmen für den Gasmarkt an die Ziele des Green Deals anpassen und Grundlagen für den Wasserstoffmarkt schaffen. Der NWR stellt jedoch fest, dass das Vorhaben aus seiner Sicht die Anforderungen an die schnelle Entwicklung eines europaweiten Wasserstoffnetzes, an den grenzüberschreitenden Wasserstoffhandel und -transport sowie im Hinblick auf bezahlbare Entgelte und Investitionssicherheit nur teilweise erfülle.

Der NWR begrüßt in seiner Stellungnahme für die Bundesregierung zwar grundsätzlich, dass die EU-Kommission mit dem Legislativpaket den dringend benötigten regulatorischen Rahmen für den Hochlauf des Wasserstoffmarktes schaffen möchte. „Die Entwicklung eines europaweiten Wasserstoffnetzes mit bezahlbaren Entgelten und einfacher, grenzüberschreitender Transport und Handel sind für den Hochlauf des Wasserstoffmarktes essenziell“, so die NWR-Vorsitzende Katherina Reiche. Da weite Teile des bestehenden, paneuropäischen Erdgasnetzes wie auch der Verteilnetze zukünftig auch für eine Wasserstoffinfrastruktur genutzt werden könnten, sei die Ausgangslage gut. Auch habe das regulatorische Rahmenwerk für Erdgas erfolgreich einen europäischen Gasbinnenmarkt mit hoher Wettbewerbsintensität geschaffen. Dies könne nun für Wasserstoff weiterentwickelt werden.

Entscheidender Kritikpunkt des NWR am Vorschlag der Kommission sind die Ausgestaltungsvorschläge zur vertikalen und horizontalen Entflechtung der Wasserstoffnetze. Reiche. „Damit wird der schnelle, kostengünstige Aufbau eines Wasserstoffnetzes aus dem vorhandenen Erdgasnetz heraus in Deutschland und darüber hinaus faktisch verhindert.“ Die Nutzung von Synergien jeglicher Art zwischen Gas- und Wasserstoffnetzen sei damit unmöglich. Der NWR appelliert an die Regierung, in Brüssel eine Anpassung der vorgeschlagenen Regeln zur Entflechtung zu bewirken.

Prüfungsbedarf sieht der NWR im Hinblick auf eine Reihe von technischen Aspekten: Dazu gehört der vorgeschlagene Wert für eine H2-Beimischung im Erdgastransportnetz, dessen Sinnhaftigkeit und praktische Umsetzbarkeit mit den Anwendern bei sensiblen Industrieprozessen untersucht werden müsse. Auch die Ausgestaltung der Transportentgelte im zukünftigen Wasserstoffnetz bedürfe einer Überprüfung, so der Wasserstoffrat. Auch greife der aktuelle Vorschlag zur Zertifizierung zu kurz, da eine einheitlich europäische und marktgängige Ausgestaltung des Zertifizierungssystems fehle.

Die Stellungnahmen stehen am Seitenende sowie auf der Seite "Stellungnahmen" als Download bereit.

Der Nationale Wasserstoffrat

Mit der Verabschiedung der Nationalen Wasserstoffstrategie hat die Bundesregierung am 10. Juni 2020 den Nationalen Wasserstoffrat berufen. Der Rat besteht aus 26 hochrangigen Expertinnen und Experten der Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die nicht Teil der öffentlichen Verwaltung sind. Die Mitglieder des Wasserstoffrats verfügen über Expertise in den Bereichen Erzeugung, Forschung und Innovation, Dekarbonisierung von Industrie, Verkehr und Gebäude/Wärme, Infrastruktur, internationale Partnerschaften sowie Klima und Nachhaltigkeit. Der Nationale Wasserstoffrat wird geleitet durch Katherina Reiche, Vorstandsvorsitzende der Westenergie AG und Parlamentarische Staatssekretärin a. D.

Aufgabe des Nationalen Wasserstoffrats ist es, den Staatssekretärsausschuss für Wasserstoff durch Vorschläge und Handlungsempfehlungen bei der Umsetzung und Weiterentwicklung der Wasserstoffstrategie zu beraten und zu unterstützen.